Problemlösungsprozesse werden häufig als Kreislauf dargestellt. Der Kreislauf bildet typische Phasen eines demokratischen
Mitwirkungsprozesses ab, die es wert sind, im Blick behalten zu werden. Die Wasserlinie steht im Symbol des Eisberges, bei dem
bekanntermaßen der größte (und entscheidende) Teil unter der Wasseroberfläche liegt und in unserer Demokratie häufig nicht auftaucht.
Zum Aufbau: Jeder politische Prozess beginnt und endet mit einer Entscheidung: Zu Beginn wird entschieden mit einem privaten
Anliegen/Unmut an die Öffentlichkeit zu gehen (Beginn linker Pfeil). Der Unmut endet erst dann, wenn der Eindruck vorherrscht,
dass es nun gut ist (Spitze rechter Pfeil). Es gibt zwei Kernprozesse. Der linke Pfeil zeigt den vorgeschalteten und der rechte
Pfeil den nachgeschalteten Beteiligungsprozess. Oben beim §-Symbol treffen sie aufeinander, denn auch hier geht es um eine
Entscheidung: Egal wie lange für das Thema aktiviert und informiert, gemeinsam beraten (konsultiert) und Entscheidungsvorlagen
formuliert wurden – bevor es in die Umsetzung geht (rechter Pfeil), braucht es eine kollektiv verbindliche Entscheidung (im Parlament
oder als Volksabstimmung). Auch bei der Umsetzung kann und sollte Beteiligung eine Rolle spielen. Beispeilhaft beim Konkretisieren,
also dem Herunterbrechen des Entschiedenen, sodass die Umsetzung gemeinsam geplant und realisiert werden kann. Letztlich hilft
gemeinsames Evaluieren dabei, die Umsetzung nachhaltig zufriedenstellend zu gestalten.
Es gibt außerdem noch einen inneren Kreis, der sich unter der „Wasseroberfläche“ abspielt. Hierbei handelt es sich um informelle
Formen von Beteiligung, die nicht darauf abzielen etwas staatlich per Gesetz oder Verordnung zu regeln, sondern sich der Sache
zivilgesellschaftlich selbst annehmen. Bürgerschaftliches Engagement und Bürgerbeteiligung sind eigentlich das gleiche. Häufig spricht
mensch aber von Beteiligung als einem sehr engen Begriff – die Spitze des Eisberges, also das Beeinflussen von Entscheidungsträger:innen
in Politik und Verwaltung. Eine lebendige und starke Demokratie liegt jedoch auch auf den vielen Schultern der Aktiven und wird
getragen durch Beteiligung und Engagement, das alltäglic h, im Kleinen, auf allen Ebenen und Milieus übergreifend stattfi ndet.
Ihr könnt diesen Canvas also nutzen, um euer Projekt zu verorten. Wo wollt ihr Einfluss nehmen? Wie weit gehen? Oder ihr plant
selber einen Beteiligungsprozess damit – für jede dieser Phasen gibt es eine Fülle an Beteiligungsverfahren – denn es ist gut zu wissen,
wo mensch im Kreislauf gerade einsteigen und mitreden will.
Verfahrensanregungen zum Beteiligungskreislauf
Folgende Liste gibt nur 1-2 Anregungen aus der immensen Fülle an bekannten und innovativen Methoden und Formaten, wie Bürger:innen
in den politischen Problembearbeitungskreislauf eingebunden werden können. Weitere Informationen und Verweise zu weiteren
Sammlungen und Links unter: https://lernende-demokratie.de/wir-vermitteln/.
- Aktivieren, z. B. mittels Aktivierender Befragung, Anwaltsplanung (direkte Ansprache, um Meinungen zu erfassen und Beteiligung
zu fördern. Einsatz: Vor Beteiligungsprozessen), Online-Petition (Unterschriftensammlung, damit sich das Parlament einem Thema
widmet. Einsatz: Agenda-Setting). - Informieren, z. B. mittels Quartierskonferenz, Stadtportal (frühzeitige und offene Mehrkanal-Kommunikation, um Bürger:innen
über Maßnahmen zu informieren. Einsatz: Beginn oder Ende von Projekten). - Konsultieren, z. B. mittels Betroffenen-/Expertenanhörung (Einholen von Fachwissen und Betroffenenperspektiven. Einsatz:
Grundlage für Entscheidungen), Zukunftswerkstatt (gemeinsames Entwickeln von Ideen und Lösungsansätzen. Einsatz: Strategische
Planung.), Design Thinking (ko-kreatives Entwickeln von Lösungen). - Formulieren, z. B. mittels Planungszelle, Bürgerrat (konkrete Empfehlungen durch eine repräsentative Bürgerjury. Einsatz: Bau- und
Planungsprojekte), Stadtkonferez (breite Beteiligung zur Entwicklung von Zukunftsszenarien. Einsatz: Themen wie Verkehr oder
Stadtentwicklung), Hausparlamente (Beratung von Abgeordneten. Einsatz: Besonders heikle Entscheidungen). - Entscheiden, z. B. mittels Schlichtungsrunde (Konfliktlösung durch Mediation. Einsatz: Streitfälle zwischen Anwohner:innen oder
Institutionen), Bürgerentscheid (direktdemokratische Abstimmung. Einsatz: Bislang auf lokaler und Länderebene). - Konkretisieren, z. B. mittels Bürgerhaushalt (Aufteilung von Budgetposten. Einsatz: Finanzierung konkreter bürgerschaftlicher
Projekte), Agendabeirat (festes intersektorales Beratungsgremium. Einsatz: Lokale Agenda 21). - Planen, z. B. mittels Umsetzungskreis (Anpassung von Maßnahmen an lokale Bedürfnisse. Einsatz: Großprojekte wie Bauvorhaben),
Gemischtes Bürgerbüro (Beratungsstelle aus Verwaltung und Zivilgesellschaft. Einsatz: Projekte mit intersektoralen Ansätzen). - Realisieren, z. B. mittels agilem Projekt-/Stadtteilrat (gewählte, geloste und entsandte Vertreter:innen begleiten, moderiert, die
Umsetzung in Zusammenarbeit mit der Verwaltung. Einsatz: Flurbereinigung, Stadtsanierungen, Inklusionsverbund …). - Evaluieren, z. B. mittels Demokratiebilanz (jährliche Überprüfung in transsektoralem Beteiligungsprozess, wie gut Stadt/
Gemeinwesen sich entwickelt hat. Einsatz: Validierung von Leitbildrelevanz und Nachhaltigkeitsstrategie). - Engagieren, z. B. mittels Engagementstelle (gemischtes Büro für bürgerschaftliches Engagement: Einsatz: Ehrenamtsbörsen,
Vereinskonferenzen), Open-Space, Art-of-Hosting, World-Café… (Einladen zum Selbermachen).
Den Canvas auf Deutsch findet ihr here.
Den Canvas auf Englisch findet ihr here.
Den Canvas auf Spanisch findet ihr here.