Liebe Freunde und Freundinnen der Lernenden Demokratie,
ein ereignisreiches Jahr 2019 neigt sich dem Ende zu: Zeit für einen Rück- und Ausblick auf Anliegen und Arbeit der Akademie Lernende Demokratie.
2019 hat deutlich gemacht wie aktuell, notwendig und gefragt unser Kernanliegen der Professionalisierung von Demokratieentwicklung ist. Und die Missstände, Proteste, Reformbewegungen weltweit zeigen, dass 2020 das Jahr der Demokratiepolitik wird. Denn die Menschen erwarten mehr von Politik, als diese gegenwärtig erbringen kann. Die Kluft zwischen (globalen, digitalen, demographischen …) Mega-Herausforderungen plus steigenden Erwartungen der Einzelnen einerseits und der Leistungsfähigkeit der vorherrschenden politisch-administrativen Arbeitsweise tut sich immer weiter auf. Diese wachsenden Anforderungen können von unseren staatlichen Strukturen nicht mehr gelöst werden. Nicht nur die Jugend verliert weltweit darum die Geduld, sondern auch das Zutrauen der Mitte der Gesellschaft in ihren (Sozial-, Rechts-, …)Staat zerrinnt. Wir haben nicht nur eine ernsthafte Demokratiekrise, sondern auch eine akute Staats-, ja existentielle Politikkrise.
Politik im 21. Jahrhundert muss anders gemacht werden, als im 20. Jahrhundert: Globale und digitale Herausforderungen brauchen auch globale und digitale Formate. Eine Lernende Demokratie ist genau der Ansatz, der uns Politik wieder so gelingen lässt, dass sie nachhaltig unsere lokalen und globalen Probleme löst. Denn: „Wir können es besser, wir können es viel besser – wir können es gemeinsam!“
Dies ist das Motto einer Lernenden Demokratie und mit dieser Haltung sind wir dieses Jahr weiter gut vorangekommen. Viele haben daran Interesse gezeigt und unser Anliegen schlägt mehr und mehr Wurzeln. Folgend darum ein Einblick in unser aktuelles Wirken. Wir freuen uns in 2020 mit Dir diesen Weg weiter zu gehen.
Mit weihnachtlichen Grüßen und Segenswünschen für 2020
Dr. Raban Daniel Fuhrmann, Direktor Akademie Lernende Demokratie
Wir müssen mehr Demokratiepolitik wagen! Denn wir haben zwar für diverse wichtige Themen eigene Politikfelder (z.B. für Klima-, Migrations- und Digitalisierungs-politik), jedoch nicht für die Art und Weise geht, wie wir diese Probleme gemeinsam angehen wollen. Solch ein explizites, mit ausreichenden Zuständigkeiten und Ressourcen versehenes Politikfeld des Kümmerns, um die Voraussetzungen unserer demokratischen Leistungsfähigkeit, gilt es zu etablieren: Diese Demokratiepolitik hat zwei Schwerpunkte: Menschen und Prozesse. Denn einerseits müssen wir uns mehr um das Personal (vom Bürger bis zum Politiker) unserer Demokratie kümmern (Öffentliche Personalentwicklung) und andererseits um die Art und Weise, wie diese Akteure (Individuen sowie Organisationen und Behörden) optimal zusammenwirken (Demokratieentwicklung).
Unser Ziel für 2019 und 2020 war und ist darum, die Demokratiepolitik mit diesen zwei Arbeitsschwerpunkten auf die Agenda zu setzen und dabei deutlich zu machen, dass dies eine Professionalisierung von Demokratieentwicklern und -entwicklerinnen erfordert. Unsere drei Strängen der Forschung+Entwicklung, Lehre+Anwendung und Kommunikation+Institutionalisierung widmen sich diesem Anliegen.
FORSCHUNG + ENTWICKLUNG
Als Grundlage für dieses Agenda Setting, braucht es einen klaren Markenkern. Im November fand darum ein Markenentwicklungsworkshop für Demokratieentwicklung gemeinsam mit der Allianz vielfältige Demokratie und unterstützt von der Breuninger Stiftung, mit reger Expertenbeteiligung statt. Die Ergebnisse dieses Markenbildungsprozesses werden vom Markenexperten Matthias Berg (Hamburg School of Ideas) beim Partizipations-Innovations-Camp in Loccum im Januar 2020 vorgestellt. Mit dieser Markenkommunikationsstrategie können alle, die Angebot der Professionalisierung von Demokratieentwicklung bewerben, dazu beitragen, dass die Nachfrage z.B. nach Aus- und Fortbildung für Beteiligungsbeauftragten oder nach Beratung und Coaching für Bürgerinitiative steigt. Wir brauchen deutlich mehr und kompetentere Experten und Expertinnen für Demokratieentwicklung an allen Orten.
Zudem sind die drei Demokratieentwicklungslabore – die in den letzten Newslettern bereits schon beschreiben wurden – weiter vorangeschritten:
Nachdem das Format der Pulse of Europe, von European House Parliaments während der heißen Phase des Europawahlkampfes in Deutschland zum zweiten Mal erfolgreich durchgeführt wurde, haben wir mit der Planung einer ersten internationalen Runde begonnen. Die HausParlamente sollen zu einer europäischen Beteiligungs- und Beratungsplattform ausgebaut werden. Dafür sind wir gerade mit dem Fundraising und Finden von Partnern beschäftigt. Mit Open Petition konnten wir einen wichtigen Umsetzungspartner für die Entwicklung der Webplattform gewinnen. Ansprechpart-ner im Europarlament konnten bereits über die „Now the Citizens“ Kampagne von Democracy International gefunden werden. Der Vorschlag der neuen EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ab 2020 einen groß angelegten Bürgerdialog zur EU-Reform durchzuführen, bietet dazu gute Voraussetzungen. Doch damit wir diese Chance nutzen können, brauchen wir deutlich mehr Ressourcen.
Der erste Jahrgang der "Stadtmacher Akademie" by the vhw – Bundesverband für Wohnen und Stadtentwicklung e.V ist diesen September gestartet. Die Mission der Stadtmacher Akademie ist es, die nachhaltige Stadtentwicklung durch eine neuartige kooperative Personalentwicklung zu fördern, die sich an die Vielfalt der unterschiedlichen Stadtentwicklungsakteure richtet. Die Entwicklung von Format und Inhalten erfolgte in enger Zusammenarbeit mit mir und der Akademie Lernende Demokratie. Wir sind auch weiterhin dabei und kümmern uns um die Validierung des Projektes, damit daraus ein gutes, nachhaltiges Format wird.
The Intersectoral School of Governance of the Dualen Hochschule Baden-Württemberg am Center for Advanced Studies, wurde am 23.10. in einem festlichen Staatsakt im baden-württembergischen Staatsministerium u.a. durch den Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann auf den Weg gebracht. Mit der Erarbeitung des Programms wurde ich beauftragt. Ab Frühjahr 2020 werden damit dann Fach- und Führungskräfte aus Staat, Wirtschaft und Zivilgesellschaft in einem berufsbegleitenden Executive Program Intersectoral Governance ihre Kompetenzen zum Gestalten von intersektoralen Transformationprojekten ausbauen. Zentrale Inhalte und Formate der Demokratieentwicklung werden dabei eine wesentliche Rolle spielen.
+++Veranstaltungstipp+++
Für Juni 2020 ist in Köln ein Fach-Kolloquium „Öffentliche Personalentwicklung: Wer kümmert sich um das Personal unserer Demokratie?“ in Planung. Interessenten können sich bereits bei mir melden. Der genaue Termin und Ort wird gerade noch mit den Partnerorganisationen abgestimmt.
LEHRE + ANWENDUNG
Ein Highlight des Lernende-Demokratie-Jahres war im August der Pilot der Sommerakademie für Demokratieentwicklung, die in Kooperation mit dem Weltethos-Institut in Tübingen durchgeführt wurde. Gemeinsam mit interessierten Studierenden, Experten und Wissenschaftlern aus Deutschland und Österreich widmeten wir uns den Fragen, was Demokratieentwicklung bedeutet, warum wir sie brauchen und wie das Konzept sowohl verbreitet als auch professionalisiert werden kann. Die Ergebnisse flossen dabei in die Vorbereitung für Taiwan ein (siehe nächster Punkt) und dienen zur Planung einer internationalen Summer Academy for Democracy Development im Zusammenhang mit dem Global Forum in Bern im September 2020.
Auf dem Global Forum für Modern Direct Democracy in Taiwan fanden diese Ideen und Inhalte für Trainings für Demokratieentwicklung einen großen Nach-klang. Zuständige u.a. aus Südkorea, Taiwan und Marokko zeigten großes Interesse am Zukunftsprojekt einer lernenden Demokratie und den Trainingsmöglichkeiten für Ak-teure aus Politik und Verwaltung.
Diese positiven Erfahrungen und Rückmeldungen bestärkten uns weiter darin, dass wir als Akademie Lernende Demokratie auch eigenständig Workshops und Seminare der Demokratieentwicklung anbieten werden, um Entscheidungsträger und Mitarbeiter politischer, administrativer und zivilgesellschaftlicher Institutionen dazu zu befähigen Demokratie zu entwickeln. Deshalb haben wir unsere Webseite mit unseren aktuellen Trainingsangeboten ergänzt. Diese fokussieren sich momentan vor allem auf die Kompetenz Bürgerbeteiligungsverfahren richtig zu beauftragen und durchzuführen.
In verschiedenen Lehrtätigkeiten an der Universität Tübingen, dem Weltethos-Institut and the CVJM Hochschule konnte ich zudem verschiedene Themen der Demokratieentwicklung u.a. die politische Gestaltung von Digitalisierung und Social and Political Entrepreneurship an Studierende weitergegeben.
+++Veranstaltungstipp+++
The Partizipations-Innovations-Camp findet vom 20. Bis 22. Januar 2020 in der evangelischen Akademie Loccum in der Nähe von Hannover statt. Diese Veranstaltung bietet die Gelegenheit, sich über neue beteiligende Verfahren und Methoden aus unterschiedlichsten Innovations- und Anwendungsfeldern auszutauschen sowie über Projekte und Initiativen zu diskutieren, die damit bereits arbeiten. Alle Teilnehmenden können sich mit ihren Erfahrungen und Ideen einbringen und selbst Sessions leiten. Weitere Informationen, das Programm und das Anmeldeformular gibt es here.
Anfang 2020 werden wir unsere eigenständigen Trainingsangebote für Demokratieentwicklung extra bewerben. Formate und Themen decken ein breites Spektrum an Bedarf und Bedürfnis ab: von kommunaler Verwaltung bis zu globalen NGO, vom Erkennen und Entscheiden ob, bis zum Kommunizieren und Managen von Beteiligungsprozessen. Wir bauen dabei auf Angebote, die wir bereits exklusiv, inhouse durchführen, und bieten sie nun offen an. Interessenten können sich bereits bei uns melden.
KOMMUNIKATION + INSTITUTIONALISIERUNG
Insbesondere durch meine Arbeit als Sachverständiger in der Enquete-Kommission „Subsidiarität und Partizipation“ des Landtages von Nordrhein-Westfalen, konnte das Kernanliegen der Profilierung und Positionierung einer demokratiepolitischen-Agenda weiter vorangebracht werden. Im Sinne des Auftrages der Enquete – der Stärkung der Demokratie im föderalen System – fallen die Themen der Demokratiepolitik, Lernende Demokratie und öffentliche Personalentwicklung auf fruchtbaren Boden. Nachdem ich im November einen Roundtable im Landtag zur Stärkung der Debattenkultur mit hochrangigen Vertretern aus Politik, Wissenschaft und Zivilgesellschaft organisiert und moderiert hatte, wurde deutlich, dass insbesondere die öffentliche, demokratische Personalpolitik auf die Agenda gehört. Wir werden sehen, was davon in 2020 Eingang in die Handlungsempfehlungen der Enquete finden wird.
So geht dieses zweite Arbeitsjahr der Akademie Lernende Demokratie mit der Erkenntnis zu Ende, dass wir uns vielmehr um jene kümmern müssen, die sich um unsere Demokratie kümmern. Eine Einsicht, die gut mit der Liebes-Botschaft von Weihnachten zusammengeht und zugleich ein Leitfaden für die Ausrichtung unsere Vorhaben in 2020 darstellt. Denn auch unsere Demokratie braucht deutlich mehr Fürsorge. Nicht nur mit Kopf und Hand, sondern auch mit viel Herz sollten wir uns den Menschen und Institutionen unserer demokratischen Gesellschaft zuwenden und uns um sie kümmern. Auf ein beherztes Demokratiejahr 2020!
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